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Sonntag, 29. September 2024

Krieg in Anas


Vorbemerkung

1512 erreichte der portugiesische Seefahrer António de Abreu als erster Europäer die Insel Timor auf der Suche nach den Gewürzinseln. Portugal errichtete zuerst einige Garnisonen und Handelsposten in der Bucht von Kupang, dem besten natürlichen Hafen der gesamten Insel. Die zerklüfteten Nord- und Südküsten boten keine geschützte Reede für die großen Segelschiffe und den Umschlag von Waren. 1640 errichteten die Niederländer in der Nähe des heutigen Kupang ihre erste Festung im äußersten Westen Timors, und als die Bedrohung durch die Niederländer zunahm, bauten die Portugiesen ihre Stellungen aus. Die Konkurrenz der beiden Seemächte begründete die politische Teilung der Insel. Die Portugiesen begannen 1642 unter Francisco Fernandes mit einer groß angelegten Invasion um ihre Kontrolle auf das Inselinnere auszuweiten. Die Macht der Kolonialmächte war im Westen Timors zunächst begrenzt und sie waren in erster Linie auf ihre timoresischen Verbündeten angewiesen. Im Verlauf der Jahrhunderte verdrängten die Niederländer die Portugiesen in den Osten der Insel und versuchten sich im auch im Zentrum der Insel festzusetzen, führten zahlreiche Kriege, schlossen Militär- und Handelsabkommen mit lokalen Herrschern ab, die gebrochen wurden, erneuert wurden, und zu immer neuen militärischen Auseinandersetzungen führten. Im östlichen Hinterland Westtimors, besonders in den südöstlichen und nordöstlichen Territorien der modernen Kecamatan Amanuban und Amanatun, konnte den Widerstand gegen die vordringende Kolonialmacht bis ins frühe 20. Jahrhundert aufrechterhalten werden. Die in diesem Blogbeitrag dokumentierten Kriege in Anas bilden eine Teil dieser Auseinandersetzungen um die Unabhängigkeit des Königreichs Anas ab, dessen Territorium heute das nordöstliche Amanatun bildet (Kecamatan Amanatun Utara).

Montag, 16. Oktober 2023

Die Polarität von Leben und Tod


Le`u nono und Le`u musu in der ethnographischen Literatur


Zwei Termini der religiösen Überzeugungen der Atoin Meto, le`u nono und le`u musu, bilden eine Schüsselfunktion zum Verständnis derjenigen Vorstellungen, die sich die Atoin Meto von ihrer Interaktion mit ihrer Umwelt machen. Beiden Begriffen unterliegt ein Wirklichkeitskonzept, das sich auch in außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen wie Traum, Vsion, Ekstase oder in drogeninduzierten Wahrnehmungen äußert. In Phänomenen also, die sich der konventionellen Interpretation ihrer alltäglichen Erfahrung entziehen.
Nono bezeichnet einen Komplex von Vorstellungen, der sich auf unpersönliche, nicht näher bestimmbare Kräfte oder Mächte bezieht, die Rudolf Otto als numinos charakterisiert hat. Verbunden ist diese Vorstellung mit einem esoterischen Wissen und einem zugeordneten Set von Ritualen zur Handhabung dessen was nono ist. Die Namenruppen (kanaf, wie ein Name; Klan) der Atoin Meto zählen Nono-Rituale zu ihren wertvollsten Besitztümern. Andeutungen, von H.G. Schulte Nordholt (1971) sowie schon früher von P. Middelkoop (1963), lassen vermuten, dass das nono einer Lineage (ume) oder einer Namengruppe eng mit deren Siedlungsraum verbunden ist und auf die erste Landnahme eines Gründerahns zurückgeht. Der Glaube an die Wirksamkeit des nono und die Hoffnung, dieses für Individuum und Gemeinschaft nutzbar zu machen, spielt eine prominente Rolle in den Phasen des Lebenszyklus. Bestimmte Rituale sind auch dann erforderlich, wenn ein Individuum durch Geburt oder Heirat in das nono einer Lineage oder Namengruppe aufgenommen oder mit dem Tod aus ihm entlassen wird.

Timors Söhne und Ich


Feldforschung als Begegnung

Obwohl der Entstehungszusammenhang ethnologischer Daten meist verschämt verschwiegen oder nur explizit angedeutet wird, bewegt sich ethnographische Forschung doch immer zwischen den beiden Polen der Subjektivität des Wissenschaftlers und seinem Bemühen, die in fremden Kulturen gesammelten Daten nach dem Reglement zu präsentieren, das ihm seine Wissenschaft vorschreibt. Ironisch getönt findet Vincent Capranzano für diesen Konflikt die geeignete Formel, indem er den Ethnographen mit dem Götterboten Hermes vergleicht: Als Hermes die Aufgabe des Götterboten übernahm, versprach er Zeus nicht zu lügen. Aber er versprach nicht, die ganze Wahrheit zu sagen. Zeus verstand. Der Ethnograph nicht.

Dienstag, 3. November 2020

Ein Yogin im Hinterland


Simon Petrus ist ein Asket. Ein Übender. Ein sich bewusst Werdender. Simon Petrus ist ein Mensch. Was ist er noch? Er ist ein Banamtuan, ein Herr von Banam. Und als ein Banamtuan schaut er auf eine Reihe bedeutender Ahnen zurück. Banam heißt heute Amanuban, ein Landkreis der modernen indonesischen Bürokratie. Im Herzen Westtimors gelegen, eine Savanne: ein hügeliges Land, sanfte Hänge, schroff abfallende Schluchten, bizarre Felsformationen, die Fatu heißen, Skulpturen, von urzeitlichen Bildhauern in die Landschaft geschlagen. Fantastisch!

Freitag, 2. Oktober 2020

Durch das Tamarindentor


Ich bin mir sicher: Abraham ist mir sympathisch, ich mag ihn sofort. Will ihn näher kennenlernen, mit ihm zusammenarbeiten. Er wird nicht mein einziger Informant bleiben, ich werde andere treffen, andere Daten bekommen, vergleichen und korrigieren können. Doch Abraham öffnet mir die Tür in seine Kultur und seine schillernde Persönlichkeit ist faszinierend. Der Abraham, den ich im Sonaf kennenlernte, war nicht wirklich. Er trug eine Maske, spontan für mich entworfen, und spielte eine Rolle, eine überzeugende Inszenierung. Situation und Atmosphäre vor ein paar Tagen in Nopes Sonaf verlangten es von ihm.
Zu Besuch in seinem Haus in Eno Kiu, relativiert sich manches. In den eigenen vier Wänden ist er weniger lautstark, zusammen mit Frau und Kindern, Nachbarn und Passanten, die vorbeikommen, eintreten, sich neugierig umschauen, mich bestaunen, Fragen stellen und weitergehen. Besonders den Kindern steht Überraschung und Unsicherheit ins Gesicht geschrieben. Schüchtern drücken sie sich in die Ecken oder stecken ihre Nasen durch die offenen Türen und Fenster. Abrahams Tür steht für Vorbeikommende offen. Gastfreundschaft ist oberstes Gebot, und Betel gibt es immer. Scheinbar gibt es niemanden, den er nicht kennt. Immer hat er Zeit und die Muße, sich einem Besucher zuzuwenden. Ein perfekter Gastgeber. Das ist in Eno Kiu üblich, lautet seine lapidare Antwort. Auch anderenorts. Schlösser, verschlossene Türen, gibt es nicht. Die Sphäre des Mannes ist das öffentliche Forum. Abraham genießt die Öffentlichkeit. Selbstdarstellung und Selbstinszenierung. Für sich selbst und zum Vergnügen anderer. Die Frauen leben innen, im Hintergrund, im Atrium.

Donnerstag, 17. September 2020

TV-Shooting im Sonaf


Wenn du in Rom bist, sei wie ein Römer!, gibt Clifford Geertz dem Ethnologen im Feld mit auf den Weg. Geertz und seine Frau, die an illegalen Hahnenkämpfen teilnahmen, gerieten in eine Razzia, die sie mit ihren balinesischen Mitmenschen in eine panische Flucht trieb. So seltsam es klingen mag, aber genau diese kuriose Situation bildete für sie den Einstieg in die dörfliche Gemeinschaft. Ein guter Rat, der mir im Laufe der Monate meine Arbeit in Amanuban sehr erleichtert hat.
Eine der unvorhersehbaren, nicht bewusst oder absichtlich herbeizuführenden Voraussetzungen für eine ethnologische Feldforschung ist die Notwendigkeit, von der Gastkultur aufgenommen und akzeptiert zu werden. Von meinen Bemühungen und von meiner Ahnungslosigkeit, mich in die Gastkultur der Atoin Meto zu intergrieren, erzähle ich in meinem Indonesischen Tagebuch, das den Beginn einer nicht gut genug vorbereiteten Feldforschung schildert. Auch der zuletzt unvermeidbare Betelkonsum gehörte dazu.

Dienstag, 18. August 2020

Myth-Historische Männerbilder


Luirai und Sonba`i. Zwei Namen, die in den unterschiedlichen Herkunftsmythen der Atoin Meto eine besondere Rollen spielen. Sie repräsentieren ein kulturspezifisches Ideal von Männlichkeit und bieten einen Kristallisationspunkt historischen Ursprungs. Weiter zurück geht es in den historischen Überlieferungen der Atoin Meto nicht. Meine Informationen über diese beiden myth-historischen, indonesischen Herrscher in West- und Zentraltimor stammen aus den exegetischen Interviews mit Johan Christian Sapay aus Nakmofa, einem Weiler im Dorf Kiufatu, im Landkreis Südamanuban. Ich gebe Sapays Verständnis der Geschichte der Atoin Meto so wieder, wie er sie mir berichtet hat. Manches deckt sich mit den ethnographischen Quellen, die von niederländischen Reisenden, Kolonialbeamten, Missionaren und später auch von Wissenschaftlern stammen, einiges steht dazu in Widerspruch. Sapays Bericht ist die klanzentrische Version der Domäne Kuan Fatu in Südamanuban. Die vergangenen historischen Ereignisse erscheinen in seiner Version fragmentarisch und volkstümlich. Anderswo existieren mit Sicherheit andere Lesarten, denn eine allen Atoin Meto eigene Geschichte gibt es momentan noch nicht. Weitere Forschungen sind erforderlich um Kenntnislücken zu schließen und das vorhandene Wissen zu systematisieren, um eines Tages die Geschichte der Atoin Meto schreiben zu können.

Sonntag, 12. Juli 2020

Rituelle Begrüßung in Amanuban


Nach dem Essen wird wieder Betel herumgereicht. Seit alle wissen, dass ich Betel esse, will es auch jeder sehen. Mit klammheimlicher Freude beobachten die Männer meine unbeholfenen Versuche, mit Mühe aus der kugelrunden, glasigen, beige-weiß gemusterten Arekanuss, der hellgrünen Frucht des Betelpfeffers, lang wie eine Bohne und der Prise gelöschten Kalks, die zuletzt unter die feuchte Masse in meinem Mund gemischt wird, um einen einigermaßen kaubaren Pfriem zu bekommen. Die Frauen, die kauend im Hintergrund sitzen, spähen verstohlen zu mir herüber. Nur die Kinder stehen mit offenem Mund und verdutzten Gesichtern im Raum. Sie sind die einzigen, denen es die Etikette gestattet, ihre Gefühle offen zur Schau zu stellen. Aber niemand sagt etwas oder bringt mich in Verlegenheit. Wir alle tun so, als es ob nichts Besonderes zu sehen gibt. Ich spüre das leise Lächeln, das um ihre Augen liegt, mehr als das ich es sehe. Der Respekt, den ich ihrer Kultur zolle, spiegelt sich dagegen deutlich in ihren erstaunten Minen. Belustigt wie sie sind, schätzen sie mich sehr, weil ich diesen Brauch mit ihnen teile.

Sonntag, 5. Juli 2020

Krokodile in Timor


Ich habe lange darüber nachgedacht, in Amanuban viele Fragen gestellt und viel Unverständnis geerntet, weil ich mich für Dinge interessierte, über die man nicht gerne sprach. Jemand aus dem Westen, der fortschrittlichen, modernen Welt, jemand aus dem christlichen Abendland, das als vorbildlich gilt. Aber ich habe Hinweise gefunden und Bestätigung erhalten. Das Ergebnis ist mager, und muss durch Intuition und Schlussfolgerungen unterfüttert werden, durch manch bizarre Bemerkung aus der ethnographischen Literatur, die sich, nachgefragt, aufklärt. Nun ist es mit schriftlosen Kulturen viel zu oft so, dass bei der Rekonstruktion kultureller Überzeugungen und materieller Hinterlassenschaften wenige Spuren ausreichen müssen.

Freitag, 12. Juni 2020

Nur ein gekrümmter Haken?


Textilien, besonders, wenn es sich bei ihnen um eine Tracht handelt, machen Aussagen über kulturelle Vorstellungen und Überzeugungen, über allgemein geteilte Normen und Werte im Sinne eines Common sense. Die textile Ikonographie der Atoin Meto besitzt einen kulturellen Bezugsrahmen, denn es handelt sich bei den verwendeten Basismotiven nicht um Privatsymbole, sondern sie beziehen sich auf ihre ethnische Identität und fördern ethnisches Selbstverständnis und ethnische Selbstdarstellung Die Bedeutung ihres Motivrepertoires war einst allgemein verständlich, da es ihren Ort in den Ritualen des Lebenszyklus sowie den religiösen Überzeugungen hatte. Viel ist davon nicht übriggeblieben.

Sonntag, 31. Mai 2020

Was textile Muster wissen


Das System der symbolischen Klassifikation der Atoin Meto Amanubans wirkt sich nicht nur in ihren kognitiven Überzeugungen, sondern auch im Bereich der materialisierten Kultur aus. Gerade ihre Tracht, die Ritualtextilien, zeigt deutlich, wie eine bestimmte Flächengestaltung, eine spezielle Ornamentik und Farbpräferenz dazu verwendet werden kann, eine kulturspezische Weltanschauung in materiellen Objekten sichtbar zu machen, sie für die Gemeinschaft zu visualisieren, erinnerungsfähig und damit kommunikabel zugestalten.
Die charakterisierenden Merkmale der Ornamentik der Ritualtextilien der Atoin Meto beziehen sich auf drei interdependente Aspekte der Gewebe:

Samstag, 14. März 2020

Textilmanufaktur Mellu


Ich kam nach Amanuban, um die Bedeutung der Ikonographie der Tracht der Atoin Meto zu verstehen. Es muss Ende der 1970er Jahre gewesen sein, ich befand mich mitten in meinem Studium der Völkerkunde an der Albertus-Magnus-Universität zu Köln. Waldemar Stöhr war damals Kurator am Rautenstrauch-Joest-Museum und mit Ostindonesien befasst. Von ihm stammt die spannende Studie über die altindonesischen Kulturen, die mich beeindruckt und beeinflusst hat. Und auch die Ausstellung über diese Kulturen war sein Werk, ganz oben, fast verstaubt, unter dem Dach des Museums untergebracht. Ich war damals noch naiv und unerfahren, glaubte, ein Studium der Völkerkunde habe mit Abenteuern in fremden Ländern zu tun, dachte wahrscheinlich an Reisende, Forscher und Entdecker, an eine Mischung aus 1001 und eine Nacht, an Fenimore Cooper, F. Gerstecker oder Karl May in Personalunion. Das war am Anfang dieser Disziplin nicht viel gewesen, in 18., 19. und frühen 20. Jahrhundert. Ende des 20. Jahrhunderts hatten die dürren Fakten über die Inspiration gesiegt. Das Fiktive, Imaginäre, Visionäre und Mysteriöse, da weder wirtschaftlich noch politisch verwertbar, führte in der Ethnologie nur noch ein Schattendasein. Lediglich seinen Unterhaltungswert leugnete man nicht.

Montag, 13. Januar 2020

Ein Greenhorn in Amarasi


Für meinen ersten Ausflug aus dem Schutz der Stadt wähle ich Baun, eine Ortschaft im Regierungsbezirk Kupang; Landkreis Westamarasi. Dieses Mal will ich es allein versuchen, auf dem Land, mich von jeglicher Bevormundung durch Nachbarn oder Behörden befreien. Keine Empfehlung mehr, nicht mehr an die Hand genommen werden von Gutmenschen, die glauben, besser zu wissen, wonach ich suche, als ich selbst. Meine Versuche, eine Basis für meine Forschung zu finden, waren bisher enttäuschend. Es fällt mir noch immer schwer, mich für eine Region, eine bestimmte Ortschaft, zu entscheiden. Forschende, die sich von einer örtlichen Institution den Weg weisen lassen, haben es einfacher. Mir war es wichtig, nicht als Repräsentant von Irgendwem zu erscheinen. Trotz allem stellte es sich als sehr schwierig heraus, diese Rolle schließlich los loszuwerden.

Dienstag, 3. September 2019

In Kupang


Denpasar, Bali. Der Flughafen heiß I Gusti Ngurah Rai, nach dem Nationalhelden Ngurah Rai. Der Name des Flughafens erinnert an einen adeligen Befreiungskämpfer, einen Gusti, der den Niederländern die Stirn geboten hat. Noch war Timor nur eine Idee. Abflug von Denpasar nach Kupang. Gemischte Gefühle, die nächste Etappe meiner Forschungsreise ins Innere einer unkalkulierbaren Fremde. Eine Reise ins Ungewisse, von der meine balinesischen Freunde vermuteten, sie koste mich das Leben.

Samstag, 24. August 2019

Amanuban und ich


Es ist Jahrzehnte her. Immer häufiger tauchen Gedanken an jene Zeit wie flüchtige Schatten auf einer Leinwand auf. Wer inszeniert dieses Schattenspiel, entwirft die Figuren, schreibt das Skript? Auf ihrer Jenseitsreise bringen Helden an der Pforte zur Unterwelt Blutopfer dar, wenige Tropfen nur, aber sie reichen aus, ihre Rückkehr zu sichern. Was ist wichtig? Was kostet es mich, in meine Erinnerungen zu tauchen, um Vergangenes sichtbar zu machen? Zuerst sehe ich nur Fragmente meiner Jahre in Amanuban. Während des Schreibens füllen sich allmählich die Lücken. Einst Erlebtes wird zum konkreten Bild. Persönliche Mythen mischen sich mit realer Biographie. Zwischen die Zeilen gestreute Zeit. Inzwischen glaube ich selbst an meine eigenen Legenden, wie ein Kind, an die Möglichkeit ferner Welten. Die Seele ist ein weites Land, in das die Träume fliehen. Verstaubte Notizen in Tagebüchern und Zettelkästen fließen in die Seiten, wo sie sich im Licht der Wirklichkeit vermischen. Viele Jahre später.

Freitag, 2. August 2019

Im Westen Timors


Timor. Warum musste es ausgerechnet Timor sein? Vielleicht weil die Insel so weit entfernt von Deutschland lag, sodass sie meine Vorstellungen von Exotik überstieg. Timor repräsentierte für mich die Fremde an sich. Fast schon Südsee. Ich wollte fort aus den engen Städten mit ihren Vorschriften und Regeln. Ausbrechen aus der Kreativität und Lebendigkeit erstickenden Routine des universitären Alltags. Ich wollte anders sein und anders leben. Mir selbst fremd werden und mich in der Fremde wiederfinden. Anders sein als in den Jahren theoretischer Wissenschaft. Ich wollte dorthin, wo das Wissen zu finden ist. Mit Haut und Haar eintauchen in die ethnologische Praxis.

Samstag, 13. Juli 2019

Schichten und Geschichten


Das moderne Zeitalter des Ferntourismus mit seinem Phänomen des Massentourismus, der Urlauber bequem an jedes Ziel und in jede fremde Kultur weltweit befördert, sorgt gleichzeitig dafür, dass der Tourist so wenig Kontakt wie möglich mit der Fremde bekommt. Das war schon einmal anders, damals als die ersten Reisenden sich ihre Wege noch selbst bahnen mussten, oft unter erheblichen Entbehrungen. Was sie erlebten, hat sich tief in ihre Persönlichkeit eingegraben, und sie unwiderruflich verändert. Heutzutage findet selbst der Weltreisende oft nur seine eigenen Erwartungen, sodass er sich auch in der Fremde wie zu Hause fühlen kann. Der Ethnologe, wie der Reisende, der er ist, hinterfragt sich in der Bewegung.

Sonntag, 7. Juli 2019

Einstimmung


Ich glaube, dass der Ethnologe ehrlicher und zugleich auch wissenschaftlicher handelt, der diese Aspekte mitreflektiert, statt den letztlich fruchtlosen Versuch zu unternehmen, für die wissenschaftliche Öffentlichkeit sorgfältig das Intersubjektive aus dem Subjektiven und dieses Verfahren dann durch Totschweigen ungeschehen zu machen, nur um sich und den Lesern die Illusion reiner Wissenschaftlichkeit zu gönnen.
Justus Stagl

Amanuban Mon Amour öffnet den Blick auf ein hierzulande weitgehend unbekanntes Land, auf ein fernes Land, in dem die Menschen eine farbenprächtige Kleidung tragen, mich an ihrem Leben teilnehmen ließen und zum Betelessen verführten. Menschen, die in Versen von ihrer Vergangenheit erzählten. Ich war zuhause bei Menschen, die zwischen den Zeiten lebten, die in mehreren Identitäten zuhause waren, traditionell bleiben wollten und modern sein mussten, um im westlich gewordenen Indonesien nicht abgehängt zu werden.
Meine Forschungen zur Kultur der Atoin Meto Amanubans habe ich in bisher drei Schritten - als Printversion oder Weblog - publiziert: